Animierlieder
Beispiele von "Echten" Dirnenliedern - also Liedern, die von Prostituierten in den Bordellen und Nachtlokalen zur Animation und Erheiterung der Herren gesungen wurden.

Spittelberger Lieder (eine Auswahl)

Stanze Nr.7
"Büabl, wannst mit heut willst
Und so geh nur hübsch gschwind,
Eh dass ma da Saft
Ausn Loch aussirint"

Stanze Nr. 12
"Du alte Runkunkel,
Du zahnluckertes Tier,
Hast viel Haar auf das Pumpel
Und kampelst die nia"

Stanze Nr. 24
"Zipl net, zapl net,
Greif ma mein Nabel net,
Greif ma mei(n) Ding net a(n),
San Krätzn dra(n)"

Stanze Nr. 27
"Tuan eini, tuan eini,
Tuan halt net danebn
Und i bin an alts Dirnderl,
I muass davo(n) lebn."

Stanze Nr. 32
"Tuan ma'n eini, tua ma'n eini,
Tua ma's net zreissn,
Steck ma'n eini ins vordre Loch,
's hintre ghört zum Scheissn."

Stanze Nr. 40
"Katzl, schau mi nur a(n),
Magst mi net zu an Ma(n),
Hab an Beutl voll Saft
Und a Nudl voll Kraft"


(zu den Quellenangaben der Texte siehe:
Roger Stein: Das deutsche Dirnenlied.
Böhlau Köln: 2006)


     
    Dirnenlied

 
 

Zur Überlieferung:

Der Wiener Gastwirt und bibliophile Forscher Franz Haydinger (1797-1876), der alles sammelte, was in kulturgeschichtlichem Zusammenhang mit der Stadt Wien stand, hatte in der Mitte des 19. Jahrhunderts mit erheblichen Kosten eine beinahe komplette Kollektion jener Lieder sammeln lassen, die in den verruchten Bordell-Lokalen am Spittelberg gesungen wurden. Fünf dicke Manuskript-Bände umfasste die Sammlung.
Nach Haydingers Tod wurde jedoch die umfassende Sammlung aufgelöst. Einen Teil davon erwarb die Wiener Stadtbibliothek - leider jedoch nicht alles, und so wurde der Rest versteigert. Auch die oben erwähnten Bände waren unter den zu versteigernden Objekten - dies belegt der Versteigerungskatalog. Der ganze umfangreiche Liedschatz wäre wohl verschollen gegangen, hätte nicht Haydingers Mitarbeiter und Freund Friedrich Schlögel einige der Lieder für den "Privatgebrauch" abgeschrieben.
Ignaz Franz Castelli (1781 bis 1862 - populärer Schriftsteller des Wiener Biedermeier - Verfasser von rund 200 Theaterstücken) belegt in seinen Memoiren ebenfalls, dass solche Texte in den Nachtlokalen und Bordellkneipen (jedoch nicht nur in Wien) gesungen wurden - meist zu einer Begleitmusik von Gitarre, Violinen und einem "Bassetl".