Dirnen-Volkslieder

[ohne Titel]
Mein Herr, lieben Sie etwas
Von meiner Ware?
Hier ist der Mund, hier ist die Brust,
Hier ist die Fut samt Haare.

Befehlen Sie es an der Wand,
Befehlen Sie es im Bette,
Es ist doch aller Welt bekannt,
dass ich die Beste hätte.

Zehn Gulden zahlt ein Offizier,
Fünf Gulden ein Advokate,
Einen Gulden zahlt ein Grenadier,
Zehn Kreuzer der Soldate.

Die Handwerksburschen, die sind frei,
Sie zahlen, was sie wollen.
Doch wehe dem, der mir die Fut zerreisst,
den soll der Teufel holen.

Und wenn sie ganz zerrissen ist.
So bleiben noch die Haare
Und wenn man sie flicken lässt,
So hält's noch viele Jahre.


Soldat und Dirne
"Wer steht vor der Tür?"
- "'S ist ein Grenadier!"

"Mein Herr, was wünschen Sie,
Und was ist ihr Begehr?"

"Ich möchte schlafen fein
Bei Ihrem Töchterlein!"

"Dann treten sie nur ein
In ihr Kämmerlein!"

[In der Überlieferung heisst
es an dieser Stelle:
"Die folgenden Verse dieses überall
gesungenen Volksliedes mussten
wegen allzugrosser Deutlichkeit hier fortbleiben"]


"Mama, leih mir deine -
Meine ist zu kleine!"

"kann sie dir nicht borgen
Der Papa braucht sie morgen!

Hast ja selber eine
Wie 'ne Bauernscheune!"

"Mama, tu's Licht anzünden
Er kann's Loch nicht finden!

Du brauchst es nicht zu zünden
Er hat's schon gefunden!"


Wiegenlieder

"Sauf, mein Engel, sauf dir dot,
denn jeht Mutta aus nach Brot,
ne, wat war die Schulzen dumm,
brachte dir det Weib nich um - Sauf!"
(aus: Lieder aus dem Rinnstein)


Wiegenlied der blauen Hanne
(Auf der Landstrasse)

"Büse, büse, buske,
Krupe in Dien Huske
Krupe in Dien Hemdke,
Denn döst dat Kind een Endke,
Denn stoppt mien kleenet Häske
Int Kiske sein Näske,
Sien Mutte jeht nach Quedlinburg
Denn kömmt da och sein Vadder durch,
Büse, büse, buske"
(überliefert von Margarete Beutler)

Welche ist die Beste?
Zwölf Schwestern stritten um die Wett:
Wer von ihnen die beste hätt

Die Meine ist so wenig
Das macht der rote König

Die Meine ist von seltner Art,
Ihr läuft das Wasser durch den Bart

Die Meine ist wie Butter weich,
Wer sie sieht, dem spitzt er gleich

Die Meine ist ein Lorbeerkranz
Vögeln kann sie jeder Schwanz

Die meine ist ein närrisch Luder
Jeder Schwanz ist gleich ihr Bruder

Die Meine ist ein Tausendsass
Nach jedem Stoss lässt sie an Schass

Die Meine lässt sich bürsten
Von Grafen und von Fürsten

Die Meine ist gewiss nicht klein
Doch passt ein jeder Schwanz hinein

Die Meine ist verwachsen
Wie der Flachs von Sachen

Die Meine, die ist krumm und schief,
Nach jedem Stoss macht sie ein Pfiff

Die Meine ist das Meisterstück
Nach jedem Stoss gibts drei zurück

[Wiener Hetärenlied aus ca. 1895]
Sie sass am Fenster in der Kirchberggasse,
Ich ging vorbei in herber Liebesqual,
Ich sprach zu ihr: Du holde Blasse,
Was kostet es bei Dir ein einzigmal?
Zwei Flörl, sprach sie, dann will ich Dich erlösen!
O holde Maid, so viel nenn' ich nicht mein,
Behüt' Dich Gott, er wär' schön gewesen,
Behüt' Dich Gott, es hat nicht sollen sein.

Ein andermal, als ich zu ihr gegangen
Und auf ihr lag, benützend schnell die Zeit,
Als nun mit Eifer und mit Kraft wir rangen,
Ihn steif zu bringen - keine Möglichkeit.
Ich hab's versucht im Guten und im Bösen,
Es nützte nichts, er wollte nicht hinein,
Behüt' dich Gott etc.

Drei Wochen drauf trat ich mit geilen Blicken,
Mit vollem Sack zu ihr und steifem Speer:
O holde Maid, heut' dürfte es wohl glücken,
Nicht länger zähm' ich die Begierde mehr.
Sie sprach, steck' ein Dein Liebeswesen,
Mein monatliches stellte heut' sich ein,
Behüt' dich Gott etc.

Zum viertenmal bin ich zu ihr gegangen
Und trat zu ihr ins traute Kämmerlein,
Ganz pudelnackt hat sie mich da empfangen,
Ich stieg auf sie und schob ihn gleich hinein
Fünf Nummern hat sie mir herausgekitzelt,
Ein Götterfick, nicht schöner konnt' er sein,
Behüt' dich Gott etc.

Doch als drei Tage drüber hingegangen,
O jemine, wie hab' ich da geschaut,
Zu laufen hat mein Nudl angefangen,
An Riesentripper hat ich angebaut.
Ich hab' verflucht die ganze Hurensippschaft
Und aus der Spritze flösst ich Balsam ein,
Behüt' Dich Gott etc.


Berliner Dirnenlied
Eenes Abends nach dem Sturm
Jing ick um den Juliusturm
Kam de stolze Sitte her:
Kleenet Mächen, komm mal her!
Berlin, o wie süss
Is dein Paradies!
Der de "Freunde" kennt,
die man Sitte nennt.
Eene Vaterstadt
schneid'ge Huren hat.
Schwamm drüber, tralala!

Hab'n se eene uffjefischt,
die so recht verkränkelt is,
kommt se nach der Fröbelstrass;
im Krankenheus, da macht et Spass!
Berlin, o wie süss
Ist dein Paradies!
Der de "Freunde" kennt,
die man Sitte nennt.
Eene Vaterstadt
schneid'ge Huren hat.
Schwamm drüber, tralala.



(zu den Quellenangaben der Texte siehe:
Roger Stein: Das deutsche Dirnenlied.
Böhlau Köln: 2006)


 
  Illustration aus Hetärengespräche
Illustration von Heinrich Zille.
Aus: Hetärengespräche. Heinrich Zille (Text und Illustration). Berlin: 1919.